Die Möglichkeit zur finanziellen Beteiligung von Gemeinden an der Errichtung und dem Betrieb von Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen wurde am 01.01.2021 in das Erneuerbaren-Energien-Gesetz aufgenommen. Seitdem haben diverse Bundesländer eigene Beteiligungsgesetze ins Leben gerufen.
Wir zeigen Ihnen die neusten Entwicklungen und warum diese Beteiligungsgesetze für die Förderung von EE-Anlagen erforderlich sind.
Rechtslage ohne Beteiligungsgesetze
Bis zum 31.12.2020 konnten Gemeinden finanziell nur sehr eingeschränkt an dem Bau von EE-Anlagen auf ihrem Gemeindegebiet partizipieren. So bestand bei Geldzahlungen durch Investoren an die Gemeinde das Risiko für beide Parteien, sich wegen Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung gemäß §§ 331 ff. StGB strafbar zu machen.
Diese Strafgesetze betreffen zwar hauptsächlich Bürgermeister bzw. ihre Stellvertreter sowie Beigeordnete, doch auch Mitglieder von Gemeinderäten oder Stadträten können sich wegen Beihilfe strafbar machen, wenn sie für derartige Vereinbarungen mit Anlagenbetreibern stimmen.
In diesem Rahmen war es der Gemeinde untersagt, Vergünstigungen oder Geldleistungen zu erhalten, auf die die Gemeinde keinen Anspruch hat. Die Gemeinde konnte daher zwar eine Vergütung für die Verpachtung von Gemeindegrundstücken für nicht-öffentliche Wege, Kabel und Fundamentstandorte der Windkraftanlage verlangen. Auch war sie befugt, im Rahmen von städtebaulichen Verträgen ein Entgelt bzw. eine Kostenerstattung für bauplanungsrechtliche oder städtebauliche Maßnahmen geltend zu machen. Doch für all diese Geldleistungen gilt, dass sie der Höhe nach angemessen und objektiv ausgewogen sein müssen, so dass die Gemeinde für millionenschwere EE-Investitionen nicht mehr verlangen darf als üblicherweise vereinbart.
Wollten Investoren die Akzeptanz der Bürger der betroffenen Gemeinde für den Windpark oder Solarpark über finanzielle Anreize steigern, dann war dies zumeist nur indirekt möglich. So ist es üblich, dass sich die Bürger über eine Genossenschaft an der Betreibergesellschaft für den Windpark beteiligen können. Auch werden den Gemeindemitgliedern häufig Windsparbriefe oder vergünstigte Stromtarife angeboten.
Doch der Gemeinde direkt Geld für verbesserte Infrastruktur zukommen zu lassen, so dass alle Bürger im Ort davon profitieren, dies war bisher nur über aufwändige Sponsoring- oder Spendenverträge möglich. Denn auch bei diesen Verträgen muss der Verdacht der Vorteilsannahme ausgeschlossen werden. Dies war schwierig, da die Gemeinde gleichzeitig für die Genehmigung des Windparks bzw. Solarparks zuständig ist und somit stets das Risiko besteht, dass ein Zusammenhang zwischen Genehmigung und Spende angenommen wird.
Beteiligung der Gemeinden gemäß § 6 EEG
Mit § 6 EEG haben Betreiber von Windkraft- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen die Möglichkeit, Gemeinden in ihrer Nähe finanziell zu beteiligen. Diese Regelung betrifft Gemeinden, die sich in einem Umkreis von 2,5 Kilometern zu einer Windkraftanlage (ab der Turmmitte) befinden, sowie jene Gemeinden und Landkreise, auf deren Gebiet eine PV-Anlage steht.
Da die Zahlungen erst nach Inbetriebnahme der EE-Anlage erfolgen dürfen, stellt diese finanzielle Beteiligung ausdrücklich keine Vorteilsannahme bzw. -gewährung dar, so dass die Vertragsparteien keine strafrechtlichen Risiken eingehen. Dabei ist es zudem möglich, den Vertrag bereits im Rahmen der Projektplanung unter der aufschiebenden Bedingung des Genehmigungserhalts und der Zuschlagserteilung abzuschließen.
Erstattung der finanziellen Beteiligung durch den Netzbetreiber
Die Möglichkeit zur finanziellen Beteiligung gemäß § 6 EEG gilt sowohl für Neuanlagen als auch für Bestandsanlagen. Die finanzielle Beteiligung, die Anlagenbetreiber anbieten können, beträgt bis zu 0,2 Cent pro tatsächlich eingespeister Kilowattstunde Strom und – für Windkraftanlagen zusätzlich – auch für fiktive Strommengen.
Die an die Gemeinde gezahlten Beträge kann der Anlagenbetreiber vom Netzbetreiber für das jeweils vergangene Kalenderjahr erstattet verlangen. Ausnahmen bilden Strommengen, die nicht nach dem EEG vergütet oder gefördert werden (z.B. im Rahmen eines PPA oder der Sonstigen Direktvermarktung, bei negativen Strombörsenpreisen).
Mustervertrag individuell anpassen
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Zahlungen auf freiwilliger Basis erfolgen. Die Gemeinden haben keinen rechtlichen Anspruch auf eine Beteiligung, und es liegt im Ermessen der Anlagenbetreiber, ob und in welchem Umfang sie eine finanzielle Beteiligung gewähren.
Um die Interessen beider Parteien klar zu regeln, empfiehlt sich der Abschluss eines Beteiligungsvertrags. In diesem Vertrag sollten insbesondere Details wie der Zahlungszeitraum, die betroffene Strommenge, die Vertragslaufzeit und mögliche Kündigungsbedingungen festgehalten werden. Der Vertrag darf vor Genehmigung der EE-Anlage geschlossen werden.
Bei PV-Anlagen ist hierbei zu beachten, dass der Vertragsschluss erst nach dem Beschluss des Bebauungsplans geschlossen werden darf, wenn ein solcher erforderlich ist.
Für die Umsetzung von § 6 EEG hat die FA Wind einen Mustervertrag sowie eine Musterverpflichtungserklärung herausgegeben. Wir unterstützen Sie gerne bei der Anpassung der Dokumente und der Abstimmung mit den Gemeinden.
Die Gesetzesbegründung empfiehlt außerdem aus Transparenzgesichtspunkten und auch zur Akzeptanzsteigerung, dass die Gemeinde den mit dem Anlagenbetreiber geschlossenen Vertrag sowie die Verwendung der Mittel öffentlich macht.
Einige Bundesländer haben zusätzlich eigene Regelungen zu § 6 EEG erlassen, um die Beteiligung von Kommunen weiter zu fördern und klare Leitlinien zu schaffen. Im Folgenden geben wir Ihnen eine Übersicht über die spezifischen Regelungen in den einzelnen Bundesländern.
Beteiligungsgesetze auf Länderebene
Brandenburg
In Brandenburg sind die Betreiber von Windenergieanlagen gemäß BgWindAbgG seit 2020 verpflichtet, Kommunen im Umkreis von 3 km um die Anlage herum zu beteiligen. Die Sonderabgabe beträgt 10.000 Euro pro Jahr und Anlage.
Die Kommunen müssen die Abgabe zur Akzeptanzförderung von Windenergieanlagen (z. B. über „Aufwertung von Ortsbild und ortsgebundener Infrastruktur, Förderung kommunaler Veranstaltungen, sozialer Aktivitäten“) nutzen.
Mecklenburg-Vorpommern
Für Mecklenburg-Vorpommern wurde die Beteiligungspflicht für Investoren von Windenergieanlagen bereits 2016 mit dem BüGembeteilG M-V eingeführt. Hier sind sowohl Kommunen als auch die Bürger im Umkreis von 5 km um die Anlage zu beteiligen. Zugelassen sind drei Varianten für die Beteiligung.
Variante 1: Gesellschaftsbeteiligung
Bürger und Gemeinden dürfen sich als Gesellschafter am wirtschaftlichen Erfolg des Windparks beteiligen. Hierzu bietet der Investor mindestens 20 Prozent der Gesellschaftsanteile einer GmbH zum Kauf an. Der Kaufpreis der einzelnen Anteile darf 500 Euro nicht übersteigen.
Variante 2: Sparprodukt und Ausgleichsabgabe
Anstelle einer gesellschaftlichen Beteiligung kann der Investor den Bürgern ein verzinstes Sparprodukt beziehungsweise den Gemeinden eine Ausgleichsabgabe anbieten. Die Ausgleichsabgabe muss dabei zur Akzeptanzförderung von erneuerbaren Energien eingesetzt werden.
Variante 3: Individuelles Beteiligungskonzept
Alternativ können sich Gemeinde und Projektentwickler auch individuell über die Beteiligung abstimmen. Dieses wird vom Wirtschaftsministerium geprüft und dann als Verpflichtung festgelegt. Diese Variante wird tatsächlich am häufigsten angewandt.
Niedersachsen
Seit April 2024 regelt in Niedersachsen das NWindPVBetG die Beteiligung von Kommunen und Bürgern an den Einnahmen von Windparks und Freiflächen-Solarparks ab 1 MW. Das Gesetz gilt für alle Anlagen mit Genehmigungserhalt nach dem 18. April 2024.
Der Anlagenbetreiber muss nicht nur einen Anteil vom Stromerlös aus dem Anlagenbetrieb an die Gemeinden zahlen, sondern zusätzlich Bürgern und Kommunen ein Angebot zur weiteren finanziellen Beteiligung machen. Verstöße dagegen können mit 1 Million Euro bei Verweigerung und 500.000 Euro bei unzureichender Umsetzung sanktioniert werden.
Die Einnahmen müssen die Gemeinden für Maßnahmen zur Steigerung und Erhaltung der Akzeptanz von Windenergie- oder Freiflächenanlagen verwenden.
Stromerlösbeteiligung
Die verpflichtend zu zahlende Beteiligung an der tatsächlich eingespeisten Strommenge beträgt jährlich 0,2 Ct/kWh und ist an alle Kommunen im Umkreis von 2,5 km um die Anlage zu zahlen. Vorhabenträger haben die Möglichkeit, eine Rückerstattung für Zahlungen nach § 4 Abs. 1 NWindPVBetG beim Netzbetreiber zu beantragen.
Falls Anlagenbetreiber mit der Kommune eine freiwillige Vereinbarung nach § 6 EEG schließen, können sie sich von der Stromerlösbeteiligung nach Ländergesetz befreien. Die Vereinbarung muss dem zuständigen Ministerium innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme vorgelegt werden.
Zusätzliches Angebot über finanzielle Beteiligung
Die Bürger und Kommunen im 2,5 km-Radius müssen außerdem ein angemessenes Angebot zur weiteren finanziellen Beteiligung am wirtschaftlichen Überschuss der EE-Anlage erhalten. Die Ausgestaltung kann der Projektentwickler frei wählen, er muss das Angebot jedoch in der örtlichen Tageszeitung veröffentlichen.
Als angemessen wird eine jährliche Beteiligung in Höhe von 0,1 ct/kWh sowie die
Beteiligung mit einem Anteil von 20 % an der Projektgesellschaft oder in Form einer kapitalgebenden Schwarmfinanzierung angesehen. Weitere Beteiligungsformen sind möglich, das Gesetz lässt aber offen, ob diese auch angemessen sind.
Von der Verpflichtung zur weiteren finanziellen Beteiligung ausgenommen sind Freiflächenvorhaben mit einer installierten Leistung von weniger als 5 MW, Eigenversorgungsanlagen sowie bestimmte Bürgerenergiegesellschaften.
Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen gilt seit Dezember 2023 das BürgEnG, das eine Pflicht zur Beteiligung von Bürgern sowie Kommunen für den Betrieb von Windenergieanlagen vorsieht. Der Projektentwickler muss die finanzielle Beteiligung sowohl Kommunen als auch Bürgern im Umkreis von 2,5 km um die Anlage anbieten. Dies gilt für alle nach dem 20. Dezember 2023 genehmigten Anlagen. Bürgerenergiegesellschaften sind dabei ausdrücklich nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst.
Für die Beteiligung kann der Vorhabenträger unter verschiedenen Modellen wählen (z. B.: Gesellschaftsanteile, Angebot über den Kauf von Windenergieanlagen, Anlagenprodukte, vergünstigte lokale Stromtarife und Sparprodukte, pauschale Zahlungen an einen definierten Kreis von Anwohnern, Finanzierung einer gemeinnützigen Stiftung).
Kommt eine individuelle Beteiligungsvereinbarung nicht zustande, dann muss der Vorhabenträger ersatzweise den Bürgern ein Nachrangdarlehen in Höhe von 90.000 € je MW installierter Leistung anbieten und jährlich 0,2 Ct/erzeugte kWh an die betroffenen Kommune für einen Zeitraum von 20 Jahren zahlen. Diese Zahlung kann auch über eine Vereinbarung gemäß § 6 EEG erfolgen. Solange der Vorhabenträger seiner Verpflichtungen zur Ersatzbeteiligung nicht nachkommt, muss er eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,8 Ct/erzeugte kWh an die Kommunen zahlen.
Die Gemeinden haben die erhaltenen Zahlungen für die Akzeptanzförderung von Windenergieanlagen zu verwenden (z. B. „Aufwertung von Ortsbild und ortsgebundener Infrastruktur, Förderung kommunaler Veranstaltungen“).
Saarland
Das im Juni 2024 verkündigte SGBG orientiert sich am Ländergesetz Nordrhein-Westfalen, gilt jedoch sowohl für Windenergieanlagen als auch Freiflächen-Solaranlagen. Das Gesetz findet Anwendung auf alle ab dem 13. Juni genehmigten Anlagen.
Der Projektentwickler muss die finanzielle Beteiligung sowohl Kommunen als auch Bürgern im Umkreis von 2,5 km um die Anlage anbieten.
Für die Beteiligung kann der Vorhabenträger unter verschiedenen Modellen wählen (z. B.: Beteiligung nach § 6 EEG, Beteiligung an der Projektgesellschaft, Kauf von Anlegen und Anlagenprodukten, vergünstigte Stromtarife und Sparprodukte, pauschale Zahlungen oder Finanzierung einer gemeinnützigen Stiftung).
Kommt eine individuelle Beteiligungsvereinbarung nicht zustande, dann muss der Vorhabenträger ersatzweise jährlich 0,2 Ct/erzeugte kWh an die betroffenen Kommune gemäß den Regelungen von § 6 EEG zahlen. Solange der Vorhabenträger seiner Verpflichtungen zur Ersatzbeteiligung nicht nachkommt, muss er eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,8 Ct/erzeugte kWh an die Kommunen zahlen.
Die Gemeinden haben die erhaltenen Zahlungen für die Akzeptanzförderung von Windenergieanlagen zu verwenden (z. B. „Aufwertung von Ortsbild und ortsgebundener Infrastruktur, Förderung kommunaler Veranstaltungen“).
Sachsen
Seit Juni 2024 regelt in Sachsen das EEErtrBetG die Beteiligung von Kommunen an den Einnahmen von Windparks und Freiflächen-Solarparks ab 1 MW. Das Gesetz gilt für alle Anlagen mit Erhalt einer Genehmigung ab dem 01. Januar 2025.
Dabei werden die Betreiber von Windenergieanlagen verpflichtet, jährlich 0,2 Ct./kWh an die Kommunen im Umkreis von 2,5 km um die Windenergieanlagen zu zahlen. Betreiber von PV-Freiflächenanlagen müssen 0,1 Ct./kWh an die Kommunen zahlen, auf deren Gebiet die PVA steht. Bei PVA ist der verpflichtende Mindestbetrag demnach regelmäßig niedriger als bei Vereinbarungen nach § 6 EEG.
Alternativ zur Zahlungspflicht kann zwischen Kommune und Vorhabenträger auch eine individuelle angemessene Vereinbarung getroffen werden. Eine Vereinbarung soll insbesondere dann angemessen sein, wenn der wirtschaftliche Wert zwischen dem halben und dem zweifachen Wert der Zahlungsverpflichtung liegt. Dies kann z.B. durch eine Vereinbarung gemäß § 6 EEG umgesetzt werden. Diese individuelle Vereinbarung ist dem zuständigen Ministerium bekannt zu geben und darf vom Ministerium veröffentlicht werden.
Zusätzlich dürfen Betreiber von Bestandsanlagen eine individuelle Beteiligungsvereinbarung mit Kommunen treffen.
Die Gemeinden haben die erhaltenen Zahlungen für die Akzeptanzförderung von Windenergieanlagen zu verwenden (z. B. „Aufwertung von Ortsbild und ortsgebundener Infrastruktur, Förderung kommunaler Veranstaltungen oder sozialer Aktivitäten“).
Thüringen
In Thüringen gilt seit Juli 2024 das ThürWindBeteilG, das eine Pflicht zur finanziellen Beteiligung von Kommunen für den Betrieb von Windenergieanlagen vorsieht. Der Projektentwickler muss die Beteiligung Kommunen im Umkreis von 2,5 km um die Anlage anbieten. Dies gilt für alle nach dem 3. Juli 2024 in Betrieb genommenen Anlagen.
Der Projektentwickler muss der Kommune eine individuelle angemessene Beteiligungsvereinbarung anbieten. Als angemessen gilt eine Vereinbarung gemäß § 6 EEG mit der dort vorgesehenen Höchstsumme.
Solange der Vorhabenträger seiner Verpflichtungen zur Beteiligung der Kommune über eine Vereinbarung nicht nachkommt, muss er eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,5 Ct/erzeugte kWh an die Kommunen zahlen.
Die Gemeinden haben die erhaltenen Zahlungen für die Akzeptanzförderung von Windenergieanlagen zu verwenden (z. B. „Aufwertung von Ortsbild und ortsgebundener Infrastruktur, Förderung kommunaler Veranstaltungen“).
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